Von An làr — Irish/Celtic Folk. Wer auf Englisch «You’re telling yarn» zu hören bekommt, wird offensichtlich nicht ernst genommen. Ernst nehmen sollte man das neue und vierte Album der Berner Celtic-Folk-Band An Lár aber auf jeden Fall. Denn «Yarn» erzählt keinen Seemannsgarn, oder sagen wir nicht nur.
Die Reise durch Eigenes und Traditionelles beginnt bereits auf dem Cover. Ein Barograph zeichnet den Verlauf des Luftdrucks ein. Dieser fällt und steigt über die ganze Platte hinweg und mit ihm das Wetter. Ein Lied über Bootsbauer macht den Anfang und weckt sogleich Aufbruchsstimmung. Luftdruck steigend. Die nächste Geschichte handelt von einem Gerstenkorn, das in einem Bier endet. Dann ist da ein Mann, der Zeit seines Lebens vom Wasser angezogen, von diesem aber nicht aufgenommen wird. Da ist Larry, der gehängt wird, zuerst aber noch einmal mit seinen Freunden Karten spielen will. Und da sind irische Arbeiter, die fernab ihrer Heimat in London einen Tunnel graben. Wetter bewölkt. Luftdruck sinkend.
An Lár erzählt aber nicht nur Geschichten in alter, irischer Tradition, sie spielen auch instrumentale Tanzsets: Fiddel, Whistles, Gitarre, Akkordeon und Bodhrán (irische Rahmentrommel) verschmelzen zu einer einzigen Aufforderung zum fröhlichen Tanz. Luftdruck hoch, Wetter schön.
Das Ende der Platte ist deren Höhepunkt. Eingeleitet wird es durch das Stück «The Odd Couple». Ein Tanz, der immer eigenartiger, verrückter und zugleich fesselnder wird. Man spürt förmlich Wolken aufziehen. Luftdruck sinkend. «Silent March»: Eine traurige, aber dennoch kämpferische Hymne an John McLean, schottischer Lehrer und Marxist. Die Tendenz des Luftdrucks zum Schluss ist wieder steigend. Ein schwermütiger Walzer lässt Fernweh aufkommen: Entweder bucht man seine nächsten Ferien sofort auf der grünen Insel oder lässt «Yarn» wieder von vorne beginnen.
Info: www.anlar.ch
Mo Horizons – Ten Years of…
Ralf Droesenmeyer und Mark Foh Wetzler hätten sich vor zehn Jahren nie träumen lassen, dass sie mit Mo Horizons ein derart erfolgreiches und beständiges NuJazz‑, Latin- und Bossa-Projekt ins Leben rufen würden. Die beiden DJs und Produzenten aus Hannover haben mit Lounge-Hits wie «Foto Viva» oder «Come, Touch The Sun» die Elektrojazzszene aufgerüttelt und mit abwechslungsreichen Rhythmen und mehrheitlich «world»-angehauchten Themen Liebhaberinnen und Liebhaber ruhiger Loungemusik in der ganzen Welt berauscht. «Ten Years of…» ist ein repräsentativer Rückblick auf diese Erfolgsstory. Das Album spannt den Bogen über eine Vielzahl von Rhythmusexperimenten und Klangeffekten, die es dem ordnungsbewussten Hörer schwer machen, das Duo in ein zu enges Korsett zu stecken. Nebst Altbewährtem enthält «Ten Years of…» Remix-Perlen, die auf keiner der bisher erschienenen vier Alben zu finden sind. Für diese Neuarrangements konnten Mo Horizons auf die Unterstützung von namhaften Produzenten wie Alan De Laniere, DJ Day und den Mitgliedern des Bahama Soul Club zählen. Es sind denn auch diese Remixes, die der CD den gewissen Touch Originalität einhauchen und dem eingefleischten Mo-Horizons-Fan einen Mehrwert bieten. (ld)
Info: Mo Horizons – Ten Years of… (Agogo)
Novalima – Coba Coba
Coba, coba — Weiter, mach weiter! Auf diesem Schlachtruf fusst das inzwischen dritte Album von Novalima, das bislang in unseren Breitengraden nicht sonderlich zur Kenntnis genommen worden ist. Tatsächlich hat die Afroperuanische Musik, nebst Tango, Salsa oder Bossa, in Europa einen eher schwierigen Stand. Zu Unrecht, denn spätestens seit es Novalima gibt, wäre dem eingefleischten Worldmusic-Fan geraten, auch diese musikalischen Ecken zu erkunden. Novalima bietet alles, was der südamerikanische Kontinent an Reichtum zu bieten hat. Die Gruppe um Ramon Perez-Prieto schlägt die Brücke zwischen Folklore und Moderne, indem sie perkussionsreiche Melodien aus Zeiten der spanischen Kolonialherrschaft an Reggae, Dub, Salsa, Hiphop, Afrobeat und Son Cubano anfügt. Das Album haben einige Gaststars mitgeprägt, unter anderem der Salsasänger Carlos Uribe, der in «Yo Voy» aus voller Kehle singt, während Mark de Clive Lowe, der Star-Keyboarder und DJ aus Neuseeland, die Tasten an seiner Armatur bis aufs Letzte austestet. Dancefloormässig geht es bei «Tumbala» ab, ein Featuring mit dem spanischen Rocker Gecko Turner. Balladen und Boleros bieten einen Gegenpol, so dass am Ende das Fazit simpel ausfällt: Es ist für jeden etwas da. (ld)
Info: Novalima, Coba Coba (Cumbancha)
Bubble Beatz — Don’t litter
Normalerweise ist Showdrumming eine schwierige Sache und eher dem «Import-Musikgeschäft» überlassen. Die beiden Jungs von Bubble Beatz haben aber einen anderen Ruf. Und diesem sollte man folgen — die neue CD «Don‘t litter» ist ein wahrer Fundus.
Sie hämmern nicht auf schönen japanischen Naturfelltrommeln, sondern, wie der Titel des neuen Albums andeutet, auf «Küdder». Plastik, Blech und alles was einen perkussiven Sound hervorbringt, wird verarbeitet — und das klingt gut. Das kleine Detail, dass praktisch alle Schlaginstrumente live eingespielt wurden, erklärt auch die natürliche Präsenz des Albums. Im Hintergrund reichern Elektro‑, Drum-and-Bass‑, Techno, BigBeatz- und 2Step-Sounds die Trommler an. Das klingt nach einem Potpourri, ist aber nicht so wild und wird mit illustren Gästen angereichert: Blakkayo, Mc LowQui, Namusoke und Lori Cotler liefern einige interessante Vocal-Tracks hinzu. Ein erstaunlich cooles Album für dieses Musik-Genre — auf jeden Fall mal reinhören. Live werden die Jungs noch mehr Gas geben — obwohl dabei das Showelement überwiegen wird. Aber darin überzeugen sie ebenfalls.
Boiler Suit Records/Rough Trade
Info: www.bubblebeatz.ch