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Das Schaulaufen

Von Mar­tin Sigrist — Seit mit­tler­weile 17 Jahren hat Zürich mit dem «M4Music» ein eigenes urbanes Fes­ti­val für Musik, das neben Konz­erten Raum fürs Geschäft bietet. Am let­zten Woch­enende im März gaben sich wiederum Musikaf­fi­ciona­dos und alle, die es sein möcht­en, in Zürich (und am Abend davor in Lau­sanne) die Klinke in die Hand.

Klinikum für Musik Im Rah­men der drei Tage trafen sich über 850 soge­nan­nte «Pro­fes­sion­als» und weit über 6’000 Besuchende, um sich ganz der Musik zu wid­men. In den Demo­tape Clin­ics wur­den voraus­gewählte Musik und ihre Kün­stler von einem Fach­pub­likum besprochen und für den Kar­ri­er­estart berat­en. Pro Kat­e­gorie (Pop, Rock, Urban und Elec­tron­ic) wur­den am Sam­stag Abend Preise ver­liehen. Aus über 800 Ein­sendun­gen wur­den schlussendlich die besten gekürt. An den Konz­erten spiel­ten mehr als 50 unbekan­nte und weniger unbekan­nte Acts um die Gun­st der Profis und Fans.

Stre­it­ge­spräch An den Pan­els und Kon­feren­zen wur­den The­men des Musikgeschäfts disku­tiert. Unter dem Titel «Wer bucht die Schweiz?» liefer­ten sich Ver­anstal­ter, Fes­ti­vals, Clubs und Book­er einen Schlagab­tausch, wer denn nun in der Schweiz die entschei­dende Kraft über die Frage ist, welche Kün­stler wann und wo spie­len dür­fen. Sollen kleine Clubs von ihrer Auf­bauar­beit in noch unbekan­nte Kün­stler prof­i­tieren, wenn diese durch­starten? Sind Konz­erte ausser­halb Zürichs sin­nvoll? Wirk­lich beant­wortet wur­den die Fra­gen nicht, wohl auch durch die etwas magere Mod­er­a­tion. Den­noch erlaubte die Runde einen inter­es­san­ten Ein­blick ins Geschäft, in die unter­schiedlichen Vorstel­lun­gen und Inter­essen von Ver­anstal­tern, Agen­te­nen, dem Man­age­ment und der Bands, davon, in welch­er Form eine Tour durch oder neben die Schweiz führen sollte.

Auf nach Berlin Vier Schweiz­er die aus­zo­gen, in der deutschen Haupt­stadt mit Musik erfol­gre­ich Geld zu ver­di­enen, stell­ten sich der Diskus­sion, ob Berlin nun die neue Schweiz­er Musikhaupt­stadt sei. Es wur­den dabei weniger die Erfol­gs­ge­heimnisse bekan­nt, dafür hörte das Pub­likum von Schwierigkeit­en und Chan­cen, in ein­er Stadt der Kün­stler als eben­solche zu arbeit­en. Die Konkur­renz sei hoch, die Kosten eben­so, den­noch ermögliche das kreative Umfeld und die Tol­er­anz gegenüber Freis­chaf­fend­en eine angenehme bzw. angenehmere Arbeit.

Das stumme Label Die Keynote hielt heuer der Grün­der von Mute Records, Daniel Miller. Er erzählte im Gespräch mit Markus Kav­ka aus dem Nähkästchen. So war zu erfahren, dass Miller Depeche Mode zufäl­liger­weise als Vor­band ent­deck­te und 15 Jahre ohne Ver­trag mit ihnen zusam­me­nar­beit­ete. Das als Ein­mann- und Hand­be­trieb ges­tartete Lon­don­er Label ist trotz vorüberge­hen­dem Verkauf an EMI und schlussendlich Uni­ver­sal jet­zt wieder selb­ständig, und ver­mag noch immer neue erfol­gsver­sprechende und erfol­gre­iche Kün­stler zu veröf­fentlichen.

Umtrunk Wo es ums Geschäft geht, dür­fen die Apéros nicht fehlen. Lei­der über­schnitt sich der eine mit der Award­show des Fes­ti­vals. Den­noch liess sich bei Häp­pchen und Sekt vorzüglich plaud­ern und Kon­tak­te knüpfen. Und der erhöhte Stan­dort in der Haupthalle hin­ter Kordeln ermöglichte es den «Pro­fes­sion­als», sich physisch über das Pub­likum erhaben zu fühlen. Wobei die wahren Begeg­nun­gen eher ganz inof­fiziell zwis­chen den Events stattge­fun­den haben.

Kosten­los Nicht das ganze Pro­gramm war kostenpflichtig. Die neue Aussen­bühne vor dem Schiff­bau sowie die Pan­els und Clin­ics waren ohne Ein­trittskarte zu besuchen. Bezahlkonz­erte hinge­gen waren im Schiff­bau und im benach­barten Exil zu geniessen. Diese waren an den Aben­den ausverkauft.

Preise Zu guter Let­zt wur­den zahlre­iche Preise ver­liehen. Das Migros Kul­tur­prozent prämierte die Labels Bakara Music aus Zürich, Moi J’Connais Records aus Genf und On the Camper Records aus Agno als beste New­com­er. Aus den Clin­ics wur­den Con­jonc­tive aus Nyon für das beste Demo belohnt. Daneben beka­men Cristallin aus Lenzburg in der Kat­e­gorie Pop, Muthoni The Drum­mer Queen aus Lau­sanne für Urban sowie Mis­sue aus St. Gallen in der Sparte Elec­tron­ic einen Preis. Bere­its am Don­ner­stag wur­den in Lau­sanne Buvette sowie Uslen­der Pro­duc­tion für die besten Video­clips aus­geze­ich­net.

Foto: zVg.
ensuite, Mai 2014

Artikel online veröffentlicht: 8. Mai 2019