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Der Verführer aus Paris

Von Luca D’Alessandro — Stéphane Pom­pougnac beze­ich­net sich als Erfind­er des Lounge, ein­er Hin­ter­grund­musik im Down­tem­po-Stil, wie sie typ­is­cher­weise in Bars oder Hotel­lob­bys einge­set­zt wird. Fakt ist, der franzö­sis­che DJ und Musikpro­duzent gehört in Frankre­ich zu den Aushängeschildern der Unter­hal­tungs­branche. Bekan­nt wurde er durch die «Hôtel Costes» Serie, eine von ihm zusam­mengestellte Com­pi­la­tion für Jean-Louis Costes, den Besitzer des gle­ich­nami­gen Luxu­sho­tels in Paris.

Hôtel Costes ist aber nur eines von mehreren Pro­jek­ten. Sel­ber hat Pom­pougnac drei Alben pro­duziert. Das jüng­ste, «Hel­lo Made­moi­selle», ist 2007 erschienen.
Gegen­wär­tig pro­motet er in der Rolle als DJ seine Com­pi­la­tion «Day & Night», eine Dop­pel-CD-Edi­tion, die zur Hälfte seinem Faible für Elek­tropop und Indie Rock Rech­nung trägt (Day), gle­ichzeit­ig seine Iden­tität als Club DJ wider­spiegelt (Night). Zwei CDs, so unter­schiedlich wie der Tag und die Nacht.
ensuite-kul­tur­magazin hat sich die Com­pi­la­tion ange­hört und daraufhin mit Stéphane Pom­pougnac gesprochen.

Stéphane Pom­pougnac, die Com­pi­la­tion «Day & Night» ist – auf Franzö­sisch gesagt – ein «Sur­vol» über die Gen­res. Plat­ten­lä­den wer­den es schw­er haben, sie richtig einzuord­nen.

Das kann sein. Der Name Stéphane Pom­pougnac ist allerd­ings so etwas wie eine Marke, ein Genre für sich.

Die zweite CD, «Night», bein­hal­tet Ihre neue Sin­gle «Take her by the Hand».

Ja, ein som­mer­lich­er Track, ent­standen mit der Sän­gerin Lady Linn. «C’est mag­ique pour moi», der Track passt her­vor­ra­gend in die Lin­ie der Com­pi­la­tion Night: Deep House, Elek­tron­ik … sie tönt so, wie jene Leute an mich gewohnt sind, die mich in den Klubs erleben. Die CD «Day» ihrer­seits streift meinen Musikgeschmack als Ganzes, der von Indie über Pop bis hin zu Rock reicht.

«Night» hat also etwas Kom­merzielles, trägt dem Geschmack eines bre­it­en Pub­likums Rech­nung, und lässt sich entsprechend gut verkaufen.

Nein, dem ist nicht so. Ich wollte meinem Pub­likum zeigen, dass ich zwei Mützen trage: Die Elek­tropop und Indie Seite, wie ich sie mit der Com­pi­la­tion «Hôtel Costes» zele­briere, und die House Seite, wie sie bei meinen Auftrit­ten als DJ in Klubs zum Vorschein kommt.

In Ihrer Ver­gan­gen­heit haben Sie auch sel­ber Alben pro­duziert. «Hel­lo Made­moi­selle», zum Beispiel, spielt mit dem Klis­chee des char­man­ten Fran­zosen.

Es spielt mit dem Luxus, der Liebe … mit dem Leben in Paris. Ja, Sie haben recht: «Hel­lo Made­moi­selle», «c’est un peu séduc­teur» (lacht).

Sind Sie ein Ver­führer?

Ich glaube schon. Und diesen Charak­terzug trans­portiere ich direkt in meine Arbeit. Ich unter­bre­ite meinem Pub­likum eine Musikauswahl, die von Liebe, Lei­den­schaft und Ver­führung han­delt. Auch die Melan­cholie spielt da mit. Es sind Songs, die nicht für die Hit­pa­rade gedacht sind, also nur bed­ingt radio­tauglich. Dafür bieten sie den Raum für sinnliche Stun­den zu zweit.

Paris, Saint-Tropéz, Mai­land – Städte, in denen Mode und Luxus wichtig sind. In dieses Klis­chee fügt sich auch der Lounge. Ist der Lounge von «Fash­ion» getrieben?

Es gibt viele Mod­e­häuser und Design­er, aber auch Architek­ten, die genau nach solchen Sounds suchen. Sie wollen nicht nur visuell, son­dern auch akustisch ver­führen. Es kommt daher nicht von unge­fähr, dass ich als DJ für solche Pro­jek­te ange­fragt werde. In mein­er Ver­gan­gen­heit habe ich bere­its die Musik für Mod­e­präsen­ta­tio­nen von Guc­ci und Yves Saint-Lau­rent geliefert.

Ein kreatives Umfeld in jed­er Hin­sicht …

…wenn du eine Com­pi­la­tion für ein Mod­e­la­bel oder ein Hotel machst, musst du sorgfältig auswählen, und ein Gespür haben für Stücke, die zueinan­der passen. Schliesslich kann jedes einzelne die Couleur der gesamten CD verän­dern. Den passenden Leit­faden zu find­en, das ist die grösste Her­aus­forderung. Dieser Arbeitss­chritt ist wohl auch der aufwändig­ste.

Im Ver­gle­ich zu herkömm­lichen House Com­pi­la­tions sind Ihre Pro­duk­tio­nen ent­lang dem Leit­faden rhyth­misch und stilis­tisch nuanciert.

Es sind Tracks, die sich voneinan­der stark unter­schei­den. Das Span­nende für mich ist es, sie so zusam­men­zu­flecht­en, dass am Ende ein stim­miges Gesamt­bild entste­ht. Ich mag keine niv­el­lierten Pro­duk­tio­nen, bei denen nach dem drit­ten Lied das Gefühl aufkommt, es töne alles gle­ich. Ich will Span­nung erzeu­gen und den Hör­er anre­gen. Ihn dazu brin­gen, aktiv zuzuhören.

Kön­nen Sie bei der Auswahl immer über jene Stücke ver­fü­gen, die Sie auch möcht­en?

Das ist lei­der nicht möglich. Viele Lieder wer­den von den Labels nicht freigegeben, das macht die Auf­gabe noch ein biss­chen schwieriger. Wenn du denkst, zwei Stücke kön­nten gut zueinan­der passen, musst du hof­fen, dass die zuständi­gen Labels ihr OK geben. Das braucht Geduld und Ner­ven.

Am Ende kommt aber immer eine Playlist zusam­men.

Ja, bis jet­zt schon.

Die Com­pi­la­tion «Day & Night» ist seit kurzem im Plat­ten­han­del erhältlich. Gön­nen Sie sich nun eine Pause?

Ich arbeite stetig an neuen Pro­duk­tio­nen, die ich ver­mut­lich in ein oder zwei Jahren in einem weit­eren Album zusam­men­fassen werde. Mehr kann ich im Moment dazu nicht sagen. Ich bleibe auf jeden Fall am Ball. Aufhören? Nein, das gibt es nicht.

Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2011

 

Artikel online veröffentlicht: 29. Januar 2019