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Ein “Hm” kommt selten allein

Von Isabelle Hak­lar — Nicht alles deckt sich mit meinem logis­chen Empfind­en. Oft bin ich schon am frühen Mor­gen mit mein­er Logik am Ende. Dies jew­eils dann, wenn ich mir bei Migros Gourmes­sa meinen all­mor­gendlichen Take-away-Kaf­fee hole, den ich gewöhn­lich mit dem Migros-eige­nen Zucritam süsse. Das sind diese winzi­gen, weis­sen Tablettchen, die stets zu Zweien in einem kleinen Tütchen steck­en – oder eben steck­en soll­ten. Denn auf­fal­l­end häu­fig ist dies nicht der Fall. „Wie, nicht der Fall?“, mögen Sie nun denken. Nicht der Fall heisst in diesem Fall, dass das Tütchen zwar ordentlich ver­schlossen in ein­er Kiste liegt, doch lei­der ohne jeglichen Inhalt ist; sprich leer. Hm.

Nun gut, ich kann, oder muss in diesem beson­deren Fall dann eben meinen Milchkaffe ohne Süssstoff trinken.

Mit dem ungesüssten Getränk het­ze ich zum Bil­letau­to­mat­en von Bern­mo­bil, wo ich ein „halbes“ Kurzstreck­entick­et löse. An dieser Stelle möchte ich kurz anfü­gen, dass ich noch nie beson­ders stark in Mathe war. Doch dass 1.90 nicht die Hälfte von zwei Franken sind, fällt selb­st mir auf. Hm.

Nun gut, einen Fahrschein lösen muss ich den­noch und immer­hin habe ich zehn Rap­pen ges­part.

Da mein Bus mor­gens nicht in einem Zweiminutenin­ter­vall fährt, habe ich noch genü­gend Zeit eine Zigarette zu rauchen. Gut, dass ich gestern daran gedacht habe, mir am Kiosk ein Stre­ich­holzbriefchen zu besor­gen. Schade nur, dass keines der Hölzchen einen ent­flamm­baren Kopf hat, sich in meinem Briefchen nur stramm ste­hende Zünd­holzkör­p­er befind­en. Hm.
Nun gut, ich bin ja nicht die einzige, die mor­gens ihrer Sucht frönt und daher nicht auf meine kopflosen, holzi­gen Fre­unde angewiesen.

Nach ger­auchter Zigarette, wegge­wor­fen­em „hal­ben“ Tick­et und ungesüsstem Kaffe, stelle ich am Arbeit­sort angekom­men fest, dass ich aus­nahm­sweise in Zim­mer Sieben statt Acht eingeteilt bin – was ich eigentlich nicht als Prob­lem erachte. Denn Schlüs­sel Num­mer Sieben hängt, wie auch Num­mer Acht, ganz unschuldig in der grauen Schlüs­sel­box an der Wand. Mit dem Sieb­n­er in der Hosen­tasche eile ich sogle­ich die Treppe zu Kursraum Num­mer Sieben hin­unter. Unten angekom­men stelle ich dann jedoch fest, dass Schlüs­sel Num­mer Sieben nicht mit dem Schloss der Türe Num­mer Sieben har­moniert. Eine Etage höher lasse ich mir dann erk­lären, dass für Türe Num­mer Sieben Schlüs­sel Num­mer Fünf zu nehmen sei.Hm.
Nun gut, Haupt­sache die Türe lässt sich irgend­wie öff­nen.

Auch nach der Arbeit set­zt sich die unl­o­gis­che Ereigniskette fort, als man mir in der Korn­haus­bib­lio­thek sagt, dass die –20 Franken auf meinem Auslei­hzettel einem Guthaben von +20Franken entsprechen. Hm.

Nun gut, zwanzig Franken sind zwanzig Franken, egal wie die gedruck­ten Vorze­ichen ste­hen.

Zuhause angekom­men empfängt mich dann eine für diese Jahreszeit etwas küh­le Woh­nung. Auf­grund dessen begebe ich mich schnurstracks zur Heizung. Doch auch dort wider­strebt etwas mein­er Logik. Auf dem Reg­ulierungsknopf ist, „Auf“ und „Zu“, zu lesen, was ja eigentlich Sinn macht. Was jedoch weniger Sinn macht, sind die dazuge­höri­gen Zahlen. Bei „Auf“ ste­ht die Eins und bei „Zu“ die Fünf. Hm.

So bin ich dann am Ende des Tages heil­froh, dass sich wenig­stens das Nicht-Funk­tion­ieren meines Lap­tops auf eine beina­he unheim­lich wirk­ende, logis­che Art und Weise erk­lären lässt: Der Akku ist leer.

ensuite, Feb­ru­ar 2010

Artikel online veröffentlicht: 13. Oktober 2018