Von Lukas Vogelsang — In einem Interview erklärte die Sängerin und Frontfrau Simone de Lorenzi, dass der Bandname «Fiji» keine grosse Bedeutung hätte – das Logo und die Wortmarke hätten ihnen einfach gefallen. Nun, das mag sein. Tatsache aber ist, dass Fiji zur Zeit die wohl grossartigste und spannendste Elektropop-Band der Schweiz ist. Die Wortmarke und die Inszenierung sind nur halb so wichtig wie die Musik, welche das Duo auf ihrem vierten Album vorlegt. Natürlich geht es nicht ohne – aber eine Reduktion auf die visuelle Ästhetik wäre ein Frevel am guten Musikgeschmack.
Drei Jahre mussten wir auf die Fortsetzung nach dem bereits erfolgreichen «Fun Factory»-Album warten. Immerhin lieferten uns Fiji mit der Maxi-Single «No Fucking Cinema» im Dezember 2011 einen kleinen Vorgeschmack auf die bereits vierte LP. Das war ein starkes Statement – doch kein leeres Versprechen: Mit dem neuen Album «Spell On Me» werfen sich Simon Schüttel und die ausserirdische Simone de Lorenzi weit über die schweizerischen Grenzen hinweg. Das Trio von damals ist unterdessen aus familiären Gründen im Studio auf ein Duo geschrumpft. Live spielen sie immer noch zu Dritt: Am Bass wummert der Österreicher Philipp Moll.
Spätestens der Track «Perfect Summer Night» verzaubert und spiegelt die Glanzzeiten und den Sexappeal von Grace Jones wider. Der grosse Geheimtipp ist aber «Clouds don’t care», dessen Refrain über den Wolken zu schweben scheint — eine Elektropop-Hymne, wie wir sie schon lange nicht mehr gehört haben. Grandios. Aber so geht es weiter: Track für Track greifen sie perfekt zurück in die 80er Glamour-Welt – ohne dabei eine langweilige Retrospektive anzustimmen, sondern dort weiterzufahren, wo die Musik einer Generation verstummte.
Fiji überzeugen durch das ausgereifte Konzept, die intelligenten und sanften Elektro-Pop-Stimmungsbilder und die überraschend kreativen Ideen. Die Band spielt zurückhaltend, lässt unnötigen Ballast weg, behält viele Reserven zurück und lässt sich dadurch nie auf billigen Pop ein. Die Stimme von Simone de Lorenzi überzeugt und geht unter die Haut. Die Elektrobeats sind ruhiger geworden, verträumter, und das ist sexy – durch und durch! Feiner Glamour-Staub bleibt an uns kleben und vollendet die Magie von «Spell On Me». Sehr schön durchdringen die musikalischen Vorbilder den Sound, ohne sie zur Kopie zu machen: Les Rita Mitsouko, Goldfrapp und eben auch Grace Jones. Eine spannende musikalische Mischung, die mit viel eigenen Ideen zum Fiji-Klang wird. Der klangliche Sog ist bemerkenswert: «Spell On Me» hört man am wirkungsvollsten nachts, alleine, mit dem Album auf dem MP3-Player, tanzend in einer schlafenden Stadt. Erinnerungen an den Film «La Bohème» leben wieder auf.
Fiji repräsentieren neue Hoffnung und Freiheit – und liefern damit den richtigen Soundtrack zum Frühling 2012.
Infos: www.fijiband.ch
Foto: zVg.
ensuite, Mai 2012