Von Lukas Vogelsang — Mit «Mueterchue» haben Churchhill bei DRS3 den 2. Platz bei der Wahl zum Swiss Top Act of the Year 2008 erreicht. Das neuste und dritte Album «360°» ist keine Zweitplatzierung mehr. Mit frischen Ideen, neuen Bandmitgliedern und vor allem mit coolen Texten machen sie den Frühling heiss.
Nach der Winterdepression bauen uns Churchhill mit dem dritten Album «360°» wieder auf. Und das ist kein leeres Versprechen, sondern erst mal ganz «universell» – so heisst die erste Singleauskopplung, und damit gleich der erste Frühlingsohrwurm vom 2011. Doch die Band bietet keine Repetition ihrer selbst – im Gegenteil, und damit machen Church-
hill der ersten Single alle Ehre: «Universell». Ausser dem Drummer wurde die Band rundum erneuert, und das hat neuen Wind in das musikalische Konzept gebracht. Leicht und locker, mit einem spannenden Stilmix, der nie billig oder belanglos wirkt, bringen sie auch den letzten Schlafsack zum Wippen. Mit dem dritten Album zeichnen sich Churchhill durch ihre unnachahmliche Leichtigkeit und Spielfreude aus. Und wenn «Universell» noch wie eine Positiv-Hymne klingt, sind andere Songs schon kritischer und angriffiger – jedoch nicht minder verspielt. Ganz gross ist «Oversexed» und genial die «Einstein-Rosen-Brücke», Steff La Cheffe singt fesch bei «Fernweh» und Reggae-Dodo bei «Tropfstei», einem weiteren Highlight auf dem Album mit. Weiter haben sich auch Benjamin Kasongo (Gamebois) und die Hornsektion Sugarhornz auf dem Album verewigt. Alles passt zum Gesamtbild, und gerade diese Songs sind – nicht nur wegen der Prominenz – tonangebend.
Musikalisch hat die Band ihren Sprechgesang neben den einst eher rockigen Elementen, die immer noch da sind, mit SKA‑, Reggae- und Latin-Stilen angereichert. Das bringt Leichtigkeit mit sich. Allerdings ist eine stilistische Einordnung von Churchhill mit Vorsicht zu geniessen: Die Band hat ihren eigenen Groove gefunden – unverkennbar. Und Groove hat diese Band – das ist zum grossen Teil dem Drummer Retone zu verdanken. Die Jungs sind mit jeder Zelle dabei. Texter Raiser meint, auch wenn man die Worte nicht verstehe, so sei zum Beispiel der Song «Universell» wie ein Liebeslied an die Musik. Musik sei universell – jeder habe Zugang dazu, ob auf der einsamen Insel mit dem Walkman oder vor der Bühne am Konzert. Und irgendetwas könne jeder aus der Musik für sich rausnehmen. Egal welchen Stil man gerne höre oder welche Sprache man spreche, alle fühlten sich von guter Musik angesprochen. Musik ist eben universell. Und genau so klingt das Album.
Doch das waren alles schon bei «Mueterchue» die herausragenden Merkmale von Chruchhill: no mainstream. Kein Wunder: Seit 11 Jahren bilden die beiden Rapper Raiser und Fit mit DJ Farside ein gut eingespieltes Trio. Die Erfahrung ist hörbar. Mit dem neuen Album hat sich dieses Selbstbewusstsein noch weiter verstärkt, und es gehört zum Besten, was Churchhill in all den Jahren produziert haben.
Die Band braucht keine «Mueterchue» mehr, ist um Lichtjahre reifer – doch hört selber rein, der Churchhill-Virus ist positiv ansteckend und wir wollen tanzen.
Foto: zVg.
ensuite, April 2011