Von Lukas Vogelsang — Nach nur einem halben Jahr sieht die Bilanz vom Lokal-Medienbetrieb Journal‑B nicht sonderlich gut aus. Der Internetdienst kämpft um die Liquidität, braucht dringend Mitglieder, aber auch mehr Community-Dialog. Nach einem halben Jahr ist es natürlich verzeihlich, wenn man noch nicht die Leseautobahn im Internet geworden ist. Allerdings sind die Kosten für eine Internet-Medienplattform sehr klein – zumindest, wenn man das Know-how selber mitbringt, und nicht alles extern machen lassen muss. Durch die Einsparungen von Zeitungspapier und den enormen Kosten der Logistik kann ein Internet-Medienbetrieb mit wenig Fremdkosten auskommen. Wenn jedoch die Löhne und Miete bereits nach einem halben Jahr zu Liquiditätsengpässen führen, ist die Alarmglocke sehr laut.
Ich war von Anfang an skeptisch diesem Projekt gegenüber. Da ich seit über 10 Jahren selber Erfahrungen mit Internet und Medien gemacht habe und beruflich aus der Multimedia-Entwicklungsbranche komme, waren für mich einige Anzeichen im Vorfeld alarmierend:
1. Fehlende Innovation: Wer sich im Internet einen Namen machen will, muss mit Innovationen überzeugen. Ein Lokal-Medien-Produkt braucht den Hype, um überlebensfähig zu sein. Es reicht nicht, nur «Nachrichten» zu produzieren. Diese erhalten wir täglich in zig-facher Ausführung gratis von unzähligen Webseiten und Blogs geliefert.
2. Zugpferd: Wenigstens einen namhaften Journalisten hätte das Projekt verdient. Die besten Autoren, beim momentanen Stand von Journal‑B, sind jene, die freischaffend mitwirken. Das trägt und sozialisiert nicht.
3. Finanzierungsmodell: In jeder Unternehmung gehören die Personalkosten zu den wichtigsten Ausgaben überhaupt. Je nach Unternehmensmodell ist es auch das einzige Ziel der Arbeit. Beim Journal‑B fehlen die Werbe- und Aboeinnahmen. Die gesamte Finanzierung sollte nur über die Mitgliederbeiträge abgedeckt werden – die momentan, nach 6 Monaten, erst bei 200 Mitgliedern stehen.
Ideologie als Mitgliederwerbewert – das hat Apple noch hingekriegt, ist aber jetzt auf dem brechenden Ast. Medienideologien zu verkaufen ist im Jahr 2013 sehr schwierig und braucht etwas mehr als tägliche Fotostrecken und halbherzig-kritische Texte. Die Frage: Wer ist der/die LeserIn von Journal‑B, kann nicht schlüssig beantwortet werden – entsprechend kann sich kaum jemand identifizieren damit. Journal‑B glänzt nicht durch politischen Aktivismus und auch nicht durch die Berichterstattung. Was unterstützt man als Mitglied also? Das mediale Mittelmass?
Wurde im Vorfeld die Rechnung gemacht? Die Aktion «Rettet den Bund» unterschrieben rund 12’000 für Bern relevante LeserInnen. Diese Leute wollten die Tageszeitung erhalten – waren also nicht a priori interessiert an einer alternativen Berichterstattung. Wenn 5 % (also nur 600 Personen) davon für Journal‑B gewonnen werden könnten, wäre das bereits fantastisch. Denn: Der Bund wird ja weiterhin publiziert und gilt diesbezüglich als grosse Konkurrenz. Das Bedürfnis nach einem weiteren Tagesmedium in Bern ist derzeit klein.
5. Fehlende Kooperationsbereitschaft: Journal‑B hat, wie viele Projekte zuvor, den Alleingang gewählt. Statt sich mit einem stärkeren Partner zu verbünden wollte man selber die Welt erobern. Das konnte man vielleicht vor 10 Jahren noch – doch heute ist das Illusion. Zumindest wenn man das hohe Ziel anstrebt, bis Ende 2014 rund 1’500 bezahlende Mitglieder wieder und wieder zu einem jährlichen Beitrag von 250 Franken zu bewegen. Ohne marktpolitische Zusammenschlüsse mit anderen, ähnlichen Gruppen, wird die Zukunft für Journal‑B schwierig werden. Der Alleingang ist fast unmöglich zu finanzieren – das weiss ich aus Erfahrung.
Was bleibt? Nicht viel. Und die Welt ist hart: Wenn Journal‑B seinen Betrieb einstellen sollte, so wird man noch knapp 14 Tage davon sprechen – danach ist es vergessen. Das ist die Welt im Jahr 2013.
Foto: zVg.
ensuite, Mai 2013