• zurück

Reise in eine vergangene Zukunft

Von Luca D’A­lessan­dro — Immanuel Brock­haus ist der Injazti­ga­tor. Der Key­board­er vol­lzieht auf seinem Album «Return To A Past Future» eine Zeitreise in die Siebziger, um von dort aus den Blick in die Zukun­ft zu wer­fen. Das Phan­tasiedenken der Siebziger fasziniert ihn, «denn damals gehörten extrater­restrische Zukun­ftsvorstel­lun­gen zur Alltäglichkeit, die Men­schen hat­ten Visio­nen von fliegen­den Auto­mo­bilen, träumten von Kurzurlauben in fer­nen Wel­ten, oder glaubten an ausserirdis­che Lebe­we­sen», sagt Brock­haus. «Bed­ingt durch die tech­nis­che Omnipotenz hat­te man das Gefühl, alles sei möglich. Die Tech­nikver­liebtheit hat inzwis­chen erhe­blich nachge­lassen; die Möglichkeit­en wer­den nicht mehr als unbe­gren­zt wahrgenom­men.»

Deshalb sind Sie – der Injazti­ga­tor – auf der Suche nach neuen Visio­nen?

Nicht nur, aber auch. Primär geht es mir darum her­auszufind­en, inwiefern die Siebziger etwas mit uns, also mit mir und mein­er Band, zu tun haben.

Und?

Sie haben defin­i­tiv etwas mit uns zu tun. Schliesslich haben wir alle die Sci­ence Fic­tion Filme von damals miter­lebt.

Was ist die Fasz­i­na­tion daran?

Mich fasziniert das Design aus der Zeit, das Pop­u­luxe Design zum Beispiel. Es ist unvergänglich schön.

Sie schwel­gen in ein­er zeit­losen Ära.

Ich träume von ein­er Zeit des Auf­bruchs: Raus aus der biederen Gemütlichkeit, hinein in ein zukun­ft­sori­en­tiertes Dasein. Gerne wäre ich in den Siebzigern erwach­sen gewe­sen. Damals waren die Sachen offen­er und die musikalis­chen Wiesen grün­er als heute. Es ist deut­lich schwieriger gewor­den, etwas Neues zu machen.

Und den­noch ist auf ihrem Album viel Neues zu hören.

Wir sind eine Fusion Band. Das ist zwar noch nichts Neues, aber die Art, wie in unserem Quar­tett Stil­fig­uren der Sci­ence Fic­tion Welt der Siebziger mit Spiel­weisen von heute verknüpft wer­den, ist neu. Wir ver­lan­gen uns und unseren Instru­menten viel ab.

Instru­mente, die alle­samt akustisch sind.

Ja. Ich habe erkan­nt, dass die Zukun­ft, so wie wir sie heute vor Augen haben, wieder ret­ro­spek­tiv aus­gerichtet ist. Zwar eröff­nen uns die dig­i­tal­en Sounds neue Möglichkeit­en, sie geben uns aber nicht die Sub­stanz und die Wärme zurück, wie wir sie von analo­gen Klän­gen her ken­nen. Maschi­nen machen Musik­er abhängig.

«2010» titelt ein Stück auf der aktuellen CD. Eine Hom­mage an die Gegen­wart?

2010 hat etwas Utopis­ches: Viele Sci­ence Fic­tion Filme aus den Siebzigern haben spezielle Jahreszahlen im Titel: magis­che Kom­bi­na­tio­nen, wie zum Beispiel 2001 – das erste Jahr im neuen Jahrtausend – oder eben 2010.

Was hal­ten Sie von Ausserirdis­chen?

Als ich als Jugendlich­er Filme mit Aliens sah, war ich fasziniert von der Idee, dass es ausserirdis­ches Leben geben kön­nte. Im All­t­agsleben tendiert man gerne dazu, die Welt ausser­halb des eige­nen Teller­ran­des zu vergessen. Mit dem Glauben an fremde Lebens­for­men mache ich mir bewusst, dass ich als Musik­er lediglich ein winziger Teil eines Ganzen bin.

Sie sind also ein Musik­er, der nach einem Gig spätabends nach Hause kommt und im Bay­erischen Rund­funk die Space Night schaut?

Nein, das nicht. Aber ich bin jemand, der alte Han­cock Plat­ten wie «Thrust» hört, auf dessen Cov­er Han­cock im Cock­pit ein­er Raumkapsel sitzt und durch den Wel­traum fliegt.

Injazti­ga­tor - »Return To A Past Future”
Immanuel Brock­haus (keys), Thomas Maed­er (ts, ss, perc), Pierange­lo «MrPC» Crescen­zio (el‑b), Andreas Schny­der (dr) (Brambus/brambus.com)

Foto: zVg.
ensuite, Sep­tem­ber 2010

 

 

Artikel online veröffentlicht: 18. November 2018