Von Klaus Bonanomi - Bauern und Zeitungsverleger beide bekommen Geld vom Staat, und beide möchten, dass ihnen der Staat möglichst wenig Vorschriften darüber macht, was sie mit dem Geld genau anstellen… Denn sowohl für die Landwirtschaft als auch für das Pressewesen hat sich die Situation in den letzten Jahren drastisch verschärft: Immer schwieriger ist es geworden, für ein qualitativ hochstehendes Produkt den angemessenen Preis zu lösen. Viele Schweizer KonsumentInnen fahren am Wochenende ins grenznahe Ausland, um sich bei Aldi und Konsorten mit billigem Fleisch und Milchprodukten einzudecken, ohne sich gross darum zu kümmern, unter welchen Bedingungen diese Produkte hergestellt worden sind: Mit den grossen Tierfabriken im EU-Raum kann auch ein moderner, produktiver Schweizer Bauer kaum mithalten. Deshalb, so war unlängst in der Presse zu lesen, fordert der Schweizer Bauernverband eine Lockerung der strengen Schweizer Produktionsbedingungen…
Auch für die Zeitungen hat sich die Lage in den letzten Jahren massiv verschärft. Neue Konkurrenz durch Gratisblätter wie „20 Minuten“, vor allem aber durch das Internet sorgen dafür, dass sich nicht mehr jedermann und jede Frau ganz selbstverständlich ein Zeitungsabo leistet. Und die Inserate-Einnahmen der Presse sind drastisch zurückgegangen auch hier wegen der Konkurrenz durch das Internet, aber auch wegen der Wirtschaftskrise. Nun droht nochmals neues Ungemach: Bisher unterstützte der Bund die Schweizer Zeitungen indirekt, indem er der Post einen Teil des Defizits berappte, das diese mit dem unrentablen Zeitungsversand jährlich einfuhr. Diese bisherige Subvention von 90 Millionen jährlich soll bis 2008 schrittweise auf Null reduziert werden!
Der Verband Schweizer Presse schlägt deshalb ein neues Modell zur Presseförderung vor: Eine „unabhängige“ Stiftung, vom Staat mit jährlich 150 Millionen Franken alimentiert, soll Geld an bedürftige Zeitungsverlage verteilen. Doch dagegen gibt es Widerstand in der eigenen Zunft: „Wie sollen wir als Journalisten glaubhaft über den Subventionsdschungel schreiben können und namentlich in der Landwirtschaft fordern, dass endlich der Hahn zugedreht wird, wenn unsere Patrons um Manna flehen?“ fragte die Aargauer Zeitung bei Bekanntwerden dieser Idee vor Jahresfrist.
Aus der Politik kommen derweil andere Vorschläge: Ein Verfassungsartikel zur Medienvielfalt und eine direkte Presseförderung von bis zu 100 Millionen jährlich und zwar für Zeitungen, die sich zu gewissen Qualitätsstandards verpflichten, die redaktionelle Unabhängigkeit wahren und genügende Aus- und Weiterbildung für ihre Angestellten garantieren. Dieses Modell hat der Nationalrat genehmigt; in der Herbstsession kommt es in den Ständerat. Einer der Initianten des Vorschlags, der Zürcher SP-Nationalrat Andreas Gross, sagt dazu: „Wenn wir nichts unternehmen, wird Zürich in zehn Jahren der einzige Ort sein, wo wir noch die lebendige Konkurrenz zweier grosser, guter Tageszeitungen haben!“ Um den wirtschaftlichen Druck und den Zwang zur Pressekonzentration abzumildern, brauche es eine Presseförderung, so Gross in einem Interview im Tages-Anzeiger: „In vielen Kantonen haben einzelne Zeitungen faktisch eine Monopolstellung… Diese Macht muss kontrolliert werden. Und nirgendwo werden die Bürger auch so oft zur Entscheidung gebeten wie in der Schweiz. Für beide Fälle braucht es dazu verschiedene, sich konkurrierende Medien.“ In Bern haben wir (noch) das Glück, dass wir konkurrierende Medien haben wenn auch Bund und Berner Zeitung nun vom selben, grossen Verlagshaus herausgegeben werden. Ob dies so bleibt, dies wird auch von den Entscheiden des Ständerats in der Septembersession in Sachen Presseförderung abhängen.
Aus der Serie Von Menschen und Medien
Cartoon: www.fauser.ch
ensuite, September 2004