Von Anna Roos* — Luft, Stein, Wasser und Vögel: Der Tierpark Dählhölzli in Bern sieht jetzt ganz anders aus als noch vor einigen Jahren. Die Papageientaucheranlage ist der neueste Zusatz aus einer Reihe von Projekten, eingeweiht vom Zoodirektor Bernd Schildger. Neben der Leopardenanlage, eröffnet vor ein paar Jahren, und dem hochgehobenen Holzweg, der eine Luftsicht auf die Ochsen ermöglicht, gibt es nun auch die Papageientaucheranlage. Sie wurde im März dieses Jahres eröffnet.
Das Architektur-Wettbewerbs-projekt widersprach zuerst dem städtebaulichen Konzept und den Wettbewerbsparametern. Der Autor des Projekts, Patrick Thurston, hatte wahrgenommen, dass die Anlage «Luft» brauchte und hat sich deshalb gewagt, sein Gebäude auf der Ostseite der Seehunde statt auf der Westseite zu planen. Dank diesem Grundsatzentscheid gab es für die verschiedenen Gehege Raum genug, zu atmen.
Für ArchitektInnen ist ein Auftrag, bei dem man für Tiere entwirft, eine Befreiung: Man ist von vorgefassten Meinungen und Ideen entlastet. Die Dimensionen und Bedürfnisse des Tieres sind so völlig anders als bei Menschen, dass man als ArchitektIn den Raum ganz neu konzipieren kann. Es ist die Gelegenheit, Architektur poetisch zu gestalten.
Wenn man auf dem Besucherpfad spaziert, an den majestätischen Leoparden und den anachronistischen Moschusochsen vorbei, erhält man schöne Eindrücke der skulpturellen Form des Gebäudes, eingebettet in das Terrain, die Höhe des bestehenden Vivarium-Gebäudes ergänzend. Es hat seine Eigenständigkeit, ohne in Konkurrenz zu treten. Man denkt zurück an das Leoparden-Gehege und bemerkt, dass ein Dialog zwischen den beiden neuen Anlagen besteht. Beide haben eine künstliche Klippe, schräge Betonwände und luftige Netzdächer; das sind die verwandten Strukturen.
Das Gebäude ist als Freiform gestaltet; oben Luft, filigran und leicht, unten solide, Beton, Holz und Stein, mit Wasser dazwischen. Die Architektur spielt mit dem Kontrast zwischen der massiven Klippe und der delikaten Dachkonstruktion.
Am Ende des Spiralweges zum Eingang treten die BesucherInnen endlich in das Reich der Vögel ein. Nun kommen die verschiedenen Elemente zusammen: Luft, Stein und Wasser. Seemöwen steigen über den Köpfen in die Höhe, im Hintergrund, durch das lichtdurchlässige Spannnetz, welches den Aussenbereich nach innen bringt, schweift der Blick über hohe Waldbäume.
Von der oberen Holzterrasse aus können die BesucherInnen die Klippe mit den Papageientauchern beobachten. Es sind wirklich lustige Wasserclowns. Die kahle Landschaft rundherum gedeiht langsam. Es folgen Betonstufen, die in die Unterwelt der Vögel führen. Hier ist man etwas enttäuscht, das Drama der Unterwasserwelt zeigt weniger, als man erwartet. Die Unterwasserlandschaft ist kahl und, die Papageientaucher einmal ausgenommen, leblos.
Es wäre schön gewesen, die reiche, lebhafte Landschaft des Aquariums auch hier geniessen zu können, die Gelegenheit genutzt zu haben, Ökosystem und Tierwelten auch hier darzustellen. Es fühlt sich ziemlich eng und finster an neben der Glaswand, besonders im Vergleich mit der grosszügigen oberen Terrasse — es ist kein sehr einladender Raum. Trotzdem kann man die unterhaltsamen Schwimmposen der Papageientaucher und die zauberhafte türkisgrüne Wasserfarbe geniessen. Mystisch, wie die Farben sich mischen, wenn die Vögel schwimmen und tauchen.
Es ist schön, ein neues Tiererlebnis im Tierpark zu haben. Wir sind gespannt zu sehen, was das nächste Projekt bringen wird.
* Anna Roos ist Architektin bei «kr2» und stammt aus Südafrika, ihre Muttersprache ist Englisch. Ihre Texte werden in Zusammenarbeit mit ensuite — kulturmagazin übersetzt.
Foto: Ralph Hut
ensuite, Oktober 2009