Von Luca D’Alessandro — Der britische Musiklabel-Betreiber und Moderator der Radiosendung «World-wide» auf BBC Radio 1, Gilles Peterson, sagte einmal: «Auf der Suche nach dem perfekten Beat in der ganzen Welt habe ich eine soulige Quelle in Zagreb gefunden.» Peterson bezog sich dabei auf das Duo Eddy Ramich und Yannah Valdevit, besser bekannt unter dem Künstlernamen «Eddy Meets Yannah».
Mit «Fiction Jar» veröffentlicht das charmante Pärchen am 26. März sein drittes Album unter Compost Records München. Es ist eine sanfte Mischung aus anspruchsvollem Soul, Urban Beats, Future Jazz und R’n’B-Harmonien. «Ein Gefäss voller Geschichten, verfeinert mit Zutaten, die das Leben entweder bitter oder süss erscheinen lassen», sagt Eddy Ramich im Interview mit ensuite-kulturmagazin.
«Eddy Meets Yannah» – ein Treffen zweier vielseitiger Musiker in einer Stadt, die, was die Musik angeht, in Europa für gewöhnlich nicht im Mittelpunkt steht: Zagreb.
Das stimmt. Zagreb ist punkto Musik nicht sehr bekannt. Nur wenige Musiker schaffen den Sprung über die Landesgrenze hinaus. Zwar gab es in den 60ern und 70ern eine Handvoll Jazzer, die in Zagreb den Ton angaben, allerdings hatten auch sie Probleme, ausserhalb Kroatiens bemerkt zu werden. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, sind wir, Yannah Valdevit und ich, ein einzigartiges Duo.
Dass Ihr aus Zagreb kommt, strahlt einen speziellen Charme aus …
… durchaus möglich. Zagreb hat keinen spezifischen Sound. Wenn du das Radio einschaltest, merkst du sofort, dass unsere Alltagskultur von Deutschland, England und den Vereinigten Staaten geprägt ist. Dieser Einfluss vermischt sich mit den slawischen Traditionen. «Eddy Meets Yannah» verarbeitet Inputs aus aller Welt. Vermutlich ist es genau diese Mixtur, die uns einzigartig erscheinen lässt.
Eine Mixtur, die sich stilistisch nur schwer erfassen lässt.
Die Leute reihen uns gerne in die Kategorie des Jazz ein. Das ist nicht ganz richtig. Klar, in unserer Musik sind Elemente aus dem Jazz unschwer festzustellen; aber auch aus dem Soul, dem House und der elektronischen Musik. Kurzum: Wir bieten elektronische Musik «with a touch of soul». Musik, die beim Hören Spass macht.
Yannah und Du, Ihr habt ganz unterschiedliche Hintergründe.
Yannah ist im Jazz gross geworden. Sie hat Orgel und Piano studiert. Ich hingegen komme aus der elektronischen Sparte. Als Radiomoderator und DJ bin ich fast jede Nacht in Klubs unterwegs. Meine Schwerpunkte liegen in den britischen Bass Heavy Sounds und im 2 Step/ Future Garage. Darauf käme man nie, wenn man sich unser Album anhört (lacht).
Du lebst Deinen Stil, Yannah den ihren, wenn Ihr aber gemeinsam auf der Bühne steht, macht Ihr etwas ganz Anderes.
Ja, das ist korrekt, aber auch wir sind flexibel. Wenn wir in einem Klub vor 50 Leuten spielen, wählen wir einen ganz anderen Stil und eine andere Performance als in einem Klub mit 1 000 Leuten. Es kommt auf die Atmosphäre an. Grundsätzlich ist aber alles, was wir im Ensemble machen, eng mit der Black Music verbunden.
Wie hat sich seit dem Ende des Bürgerkriegs aus deiner Sicht das Kulturleben in Zagreb entwickelt?
Zagreb ist wie eine Insel in Kroatien. Die Stadt hat keine ausgeprägte musikalische Identität. Die Kulturschaffenden arbeiten nach dem «Copy und Paste»-Prinzip: Sie nehmen einen bestimmten Einfluss auf und machen etwas ganz Eigentümliches daraus. Als nebenamtlicher Radiomoderator bei Radio Zagreb 101 bin ich am Puls des Geschehens.
In dieser Rolle kannst Du die öffentliche Meinung beeinflussen.
Radio Zagreb 101 hat in den vergangenen Jahren tatsächlich die Kultur in der Stadt geprägt. Beeinflusst wurde der Sender, und damit auch ich, in erster Linie von Strömungen aus Nordeuropa. In der britischen Klubszene sind gegenwärtig Bass Heavy Sounds angesagt. Und so ist es nun auch in Zagreb.
Sind diese Sounds mit leichter Verzögerung nach Zagreb gekommen?
Nein, und das ist das Merkwürdige! Manchmal kommt es vor, dass ein Trend aus England oder aus Übersee hier in Zagreb bereits gelebt wird, während er in Deutschland oder der Schweiz noch gar nicht spürbar ist.
Wie erklärst Du Dir das?
Ehrlich gesagt: Ich weiss es nicht. Ich vermute aber, dass Radio Zagreb 101 hier eine wichtige Rolle spielt.
Auf der Myspace-Seite von Yannah und Dir steht in der Rubrik Heimat nebst Kroatien auch Osaka.
Ja, Yannah lebt gegenwärtig studienbedingt in Osaka, wo sie nebenbei an ihren eigenen Sounds tüftelt. Ob sie ein eigenes Album plant, kann ich im Moment nicht sagen. Ich bin sehr gespannt auf ihre Rückkehr im August.
Könnte es sein, dass Euer nächstes gemeinsames Album einen japanischen Touch haben wird?
Vielleicht, aber im Moment ist noch nichts geplant. Zuerst fokussieren wir uns auf die Promotion des aktuellen Albums…
… Euer drittes inzwischen: Fiction Jar – ein Gefäss voller Geschichten.
Das stimmt. Schade, dass Yannah heute nicht hier ist. Sie wüsste viel zu erzählen. Sie ist gut in philosophischen Dingen. Abermals hat sie mir den Sinn des Titels erklärt. Schliesslich stammt die Idee von ihr.
Es scheint fast, als ob Yannah die Philosophin sei und Du der Pragmatiker.
Nein, das würde ich so nicht sagen. Ich bin der DJ, der ständig mit Ideen kommt und sagt, was man Neues machen könnte. Yannah hingegen ist diejenige Person, die im Studio am Computer sitzt, die Arrangements einspielt und die Texte macht. Vor zehn Jahren war ich im Programmieren sehr gut. Ich kannte jedes Tool und jede technische Innovation. Später lernte ich Yannah kennen. Allmählich übernahm sie die Programmierung, und inzwischen ist sie die Expertin.
Wer hat bei Euch das Sagen?
Beide (lacht). Die Leute denken immer, Yannah sei «nur» die Sängerin und ich der Kopf. Es ist aber nicht so. Wir ergänzen uns hervorragend.
Ihr spielt alles selbst ein?
Ja, es sind alles eigene Produktionen. Fremde, vorfabrizierte Samples verwenden wir selten. Es ist also nicht wie beim HipHop, wo man Beats aus bestehenden Liedern nimmt und in einen neuen Kontext stellt. Yannah ist eine echte Songwriterin. Sie kann alles komponieren, zum Beispiel auch Arrangements für ganze Orchester. Falls wir irgendwann einmal ein bisschen Geld übrig haben sollten, werden wir eine Aufnahme mit einem Sinfonieorchester machen, aber gegenwärtig ist das nicht möglich.
Wie würde «Eddy Meets Yannah» mit einem Sinfonieorchester tönen?
Eine schwierige Frage: Fantastisch, würde ich sagen (lacht). Genau so, wie ich es gerne hätte. Es wäre ein Traum, weil «Eddy Meets Yannah» immer ein bisschen musikalisch klingen muss. Darauf beruht unser Konzept. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eines Tages in den Techno abdriften würden. Auf der Bühne als Solo-DJ Eddy Ramich lege ich selbstverständlich Techno auf, aber im Ensemble mit Yannah will ich mich an das gemeinsame Konzept halten.
Apropos Bühne: Yannah ist zurzeit in Japan. Konzerte von Euch sind daher demnächst bei uns in der Schweiz nicht zu erwarten.
Im Moment nicht, aber wir kämen natürlich gerne wieder einmal in die Schweiz. Ich erinnere mich an einen DJ-Auftritt in der Dampfzentrale in Bern, in Zusammenarbeit mit den DJs Dub & Zukie173 … Ja, so hiessen sie, wenn ich mich richtig erinnere. Aber das ist schon eine Weile her. Höchste Zeit für die nächste Reise!
Info: eddymeetsyannah.bandcamp.com
Foto: Daniel Kasaj
ensuite, März 2009